Großes Partnerschaftstreffen in Viernheim – Gemeinsam für ein friedliches Europa

Feierliche Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde zwischen Franconville und Mława

Nach langer Zeit konnte die Stadt Viernheim am letzten April-Wochenende endlich wieder ihre Freunde aus den Partnerstädten Franconville, Rovigo, Silly, Mława sowie aus der Freundesstadt Haldensleben begrüßen. Das große Partnerschaftstreffen fand unter dem Motto „Freundschaft stärkt uns alle" statt und beinhaltete ein vielseitiges Programm, unter anderem den Besuch der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten standen die Themen Klimaschutz sowie Ukrainekrieg.

Höhepunkt der Begegnung war die akademische Feier am Sonntagvormittag im großen Saal des Bürgerhauses mit Redebeiträgen der Vertreterinnen und Vertreter aus den Partnerstädten sowie die anschließende Unterzeichnung einer neuen Städtepartnerschaft zwischen Franconville und Mława. Musikalisch und kulturell umrahmt wurde die Veranstaltung durch Beiträge der polnischen Musik- und Tanzgruppe „Krakowiak“, dem Musik-Duo Laurent Leroi und Michael Herzer, dem Blasorchester Musik³ unter der Leitung von Lothar Blüm, Nicole Adler und den Chören der Goetheschule und des Kindergartens Kinderdörfel sowie durch die venezianische Kostümgruppe „Incanto del Mondo“ von Manuela Reichert. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Kultur- und Sportamtsleiter Stephan Schneider.

Freundschaft und Verbundenheit als Wurzel europäischer Werte

In allen Reden der städtischen Vertreterinnen und Vertreter aus den Partnerstädten wurde auch mit Blick auf den Ukrainekrieg deutlich, wie wichtig diese Freundschaften für ein friedliches Europa sind. Stadtverordnetenvorsteher Norbert Schübeler machte in seiner Begrüßungsrede auf den „Welttag der Städtepartnerschaften“ aufmerksam, der sich an diesem Sonntag zum 60. Mal jährte. „Mit diesem Partnerschaftstreffen feiern wir an diesem Wochenende ganz bewusst unsere Freundschaft und Verbundenheit als Wurzel europäischer Werte.“ Städtepartnerschaften stünden für den gelebten Willen zur Völkerverständigung und seien wichtiger denn je, betonte Schübeler. Besonders wesentlich sei es, die kommenden Generationen einzubinden, um die Werte eines friedlichen Zusammenlebens auch über Grenzen hinweg auf Dauer sicherzustellen.

Franconvilles Bürgermeister Xavier Melki sieht die bevorstehende neue Städtepartnerschaft mit Mława als Beispiel für ein gemeinsames Handeln im Dienste des Friedens. Und um das europäische Engagement an der Seite des ukrainischen Volkes zu bekunden, beabsichtige Franconville, eine weitere Städtepartnerschaft mit einer ukrainischen Gemeinde einzugehen. Die neue Herausforderung sei es, so Melki, Europa zu stärken. „Wir müssen an unserer Souveränität in den Bereichen Energie, Nahrungsmittel, Militär, Gesundheit, Technologie, Industrie arbeiten.“

Für die italienische Partnerstadt Rovigo sprach Stadträtin Luisa Cattozzo: „Die Partnerschaft, die als Pakt einer dauerhaften Freundschaft zwischen Gemeinden verschiedener europäischer Länder angesehen wird, mit dem Ziel, die Bürger für ein besseres gegenseitiges Verständnis zu sensibilisieren, ist Träger von Werten wie Freundschaft und Solidarität.“ In diesem Zug erinnerte sie in ihrer Rede an die Pandemie, in der Viernheim die zu Beginn stark betroffene Partnerstadt mit Masken und Desinfektionsmittel unterstützte. In einer Welt, die zunehmend von Konflikten und Kriegen erschüttert würde, sei es immer notwendiger, solche Brücken zu bauen, so Cattozzo.

Bürgermeister Bernhard Hieber aus Haldensleben zog bei seiner Rede den Vergleich des Partnerschaftstreffens zu Gliedern einer starken europäischen Kette aus partnerschaftlich miteinander verbundenen Orten. „Jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied, sagt man. Das kann für uns Ansporn und der Auftrag sein, auch unsere Städtepartnerschaft stets aufs Neue mit Leben zu erfüllen – im Sinne eines einigen Europas der Kommunen.“ Kein Brüsseler Bürokrat, kein Europarat könne schaffen, was Kommunen schaffen: „Menschen zusammen in Austausch zu bringen und so ein tieferes Verständnis dafür zu schaffen, dass ein vielfältiges Europa einerseits alternativlos, andererseits spannend und chancenreich ist.“

Als ein großes Ereignis und wichtiges Element bezeichnete Präfekt Christophe Bonkoungou der Stadt Silly die Teilnahme seiner Delegation am diesjährigen Partnerschaftstreffen in Viernheim, das in die Geschichte der jeweiligen Gemeinde eingehen würde. „Ich freue mich, dass wir die Brüderlichkeit und aufrichtige Freundschaft zwischen der Bevölkerung von Burkina Faso und Deutschland fortsetzen können, die zwar räumlich weit voneinander entfernt sind, sich im Herzen jedoch nahestehen.“ Für ihn sei die Städtepartnerschaft ein wichtiges Instrument, das Türen zu zwischenmenschlichen Gefühlen öffne, nämlich Freundschaft, Vertrauen und vor allem gegenseitige Wertschätzung und die ohne Scheu als Brüderlichkeit bezeichnet werden könne. „Die Idee, alle befreundeten Städte in Viernheim zusammenzubringen, ist wirklich eine große Herausforderung und eine große Chance, die Flamme der Brüderlichkeit neu zu entfachen“, so der Präfekt.

„Ich bin stolz und glücklich, dass sich unsere Wege gekreuzt haben und dass wir Freunde sind“, zeigte sich der stellvertretende Bürgermeister Szymon Zejer der Stadt Mława dankbar, die als jüngste Partnerstadt Viernheims erstmals an diesem großen Begegnungswochenende teilnahm. „Wir wären heute nicht hier, wenn es Dich und die Bürgerinnen und Bürger Viernheims nicht gäbe“, richtet Zejer seine Worte persönlich an Bürgermeister Matthias Baaß. Besonders dankbar zeigte sich der städtische Vertreter für die unermüdliche Unterstützung der Stadt Mława bei der humanitären Versorgung ukrainischer Geflüchteten durch die Stadt Viernheim, der sich dann auch die Stadt Franconville angeschlossen hatte und diese Großzügigkeit alle Erwartungen übertroffen habe. „Und heute treffen wir uns alle hier – in der Stadt, die uns zusammengebracht hat“, bezieht sich Zejer auf die bevorstehende Vertragsunterzeichnung einer neuen Städtepartnerschaft mit Franconville. „Eine Freundschaft, die schön und bewegend zugleich ist, weil sie aus Schmerz, Tränen und vielen Opfern entstanden ist. Die gegenseitige Herzlichkeit und Freundlichkeit, aber auch die Solidarität und die Sensibilität für das Blut und die Tränen, die unsere Brüder im Osten vergießen müssen, haben uns zusammengeführt.“ Im Dreierbündnis Franconville – Viernheim - Mława gelte es jetzt, sich gemeinsam für Frieden einzusetzen und als Partner gegenseitige Beziehungen aufzubauen. Drei Städte, die eine große Freundschaft verbunden hätte.

Bürgermeister Matthias Baaß, der zum Schluss an das Rednerpult trat, sieht die Bemühungen aller Partnerstädte als sehr gutes Fundament, auf dem in Zukunft aufgebaut werden könne. „Unsere Städtepartnerschaftsbegegnungen basieren in hohem Maß auf dem, was zurückliegend geleistet wurde“, betont er. Menschen seien sich begegnet, haben Freundschaft geschlossen, und der dabei begründete feste Wille zu einem Miteinander habe der Städtepartnerschaftsarbeit ihre Grundlage gegeben. Immer mit Blick in die Zukunft sei es Ziel, mit dem Bekenntnis zur Freundschaft zwischen Menschen, Nationen und Kulturen einen kleinen Teil für eine grundlegende Verständigung auf ein friedliches Zusammenleben in Solidarität auf dieser Welt beizutragen. Seine Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft: „Wir wollen Frieden in der Ukraine! Wir müssen uns in allen Ländern um den Klimaschutz und um den Klimawandel kümmern! Für unsere Freunde in Burkina Faso hoffen wir, dass der Terrorismus zum Erliegen kommt und wieder die Wahl einer Regierung möglich wird!“

Jugendliche beschäftigen sich mit den Herausforderungen von heute und morgen

Im Anschluss folgte der Beitrag der Jugendlichen aus den Partnerstädten Franconville, Haldensleben, Mława und Viernheim, die sich im Vorfeld zu Hause intensiv mit den Herausforderungen zu den Themen Klima, Umwelt, Energie und Ernährung sowie Frieden in Europa beschäftigten und Ihre Ergebnisse aus den Workshops bei der Akademischen Feier vorstellten.

Die im Vorfeld gestellten Fragen waren „Welche Auswirkungen hat die Klimaveränderung in eurer Heimatstadt und Region und wie begegnet ihr diesen?“, „Spart ihr bewusst Energie und wenn ja wie?“, „Gibt es in eurer Heimatstadt Klima- und Umweltschutzbewegungen, die von Jugendlichen organisiert werden? (Stichwort Fridays for Future)“, „Gibt es Projekte, wie „Urban Gardening“ oder Schulprojekte, die sich mit gesunder Ernährung, regionalen Lebensmitteln, „Slow Food“ oder der kritischen Auseinandersetzung mit ungesunden Lebensmitteln wie z. B. „Fast Food“ oder Massentierhaltung, chemischen Düngereinsatz beschäftigen?“.

Pro Partnerstadt trugen je zwei jugendliche Vertreterinnen und Vertreter der insgesamt 30-köpfigen Gruppe bestehende Projekte und Vorhaben aus den Partnerstädten zu den vier Themenfeldern vor. Bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels wurden Trockenheit, Wasserknappheit, Waldbrände, zu heiße Sommer, gesundheitliche Probleme, negative Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt genannt. Der Beitrag der Jugendlichen in Sachen „Energiesparen“ lautete: Heizung runter drehen, sparsamer Umgang mit Warmwasser, wie z. B. kürzer duschen, Strom sparen (Licht aus, „Stand by“ aus) und weniger mit dem Auto fahren. Auch bei Klima- und Umweltschutzbewegungen in der jeweiligen Partnerstadt sei man bereits aktiv. So gebe es eine „grüne Jugend“, Energieagentur, Müllsammelaktionen, organisierte Demos oder eine Beteiligung an Umweltschutzgruppen. Und auch die vierte Frage konnte mit Beispielen wie Humboldt-Garten-Projekt kombiniert mit Kochprojekt, Apfelsaftprojekt, Aktionen gegen Lebensmittelverschwendung, Unterstützung regionaler und biologischer Erzeuger, nach Möglichkeit auf Fast Food und industriell hergestellte Lebensmittel verzichten, bewusst einkaufen, Verpackungen weitestgehend vermeiden (kein Plastik) mit einem klaren JA beantwortet werden.

Alle Jugendlichen sprechen sich für Frieden und Solidarität unter den Länder dieser Erde aus und verurteilen den Krieg auf das schärfste!
„Wir wünschen uns für unsere Zukunft Frieden und ein miteinander in Vielfalt.“

Am Ende wurden symbolisch Plakate mit dem Umriss des jeweiligen Landes und dem Namen der Stadt untereinander ausgetauscht, sodass jede Gruppe eine andere Stadt mit nach Hause nehmen konnte. Ziel ist, die Plakate beim nächsten Treffen mitzubringen und wieder zu tauschen. Begleitet und betreut wurde die Jugendgruppe von Lars Prechtl, Simay Saleh, Ewelina Fijalkowska und Tobias Mandel von der städtischen Jugendförderung sowie weiteren Betreuern aus den Partnerstädten.

Neue Städtepartnerschaft zwischen Franconville und Mława entsteht

Abschließender Höhepunkt der akademischen Feier und große Ehre für die Stadt Viernheim war die feierliche Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde zwischen den Städten Franconville und Mława, bei der Bürgermeister Matthias Baaß als „Standesbeamter“ fungierte. Städte, die 1.400 Kilometer auseinander liegen und sich ohne Viernheim wohl nicht gefunden hätten. „Ab heute haben wir dann eine Dreier-Städtepartnerschaft, wir verbinden den Osten Europas mit dem Westen“, so der Rathauschef in seiner „Traurede“. Die sofortige Hilfsbereitschaft von Franconville und die warmherzige Dankbarkeit in Mława habe die drei Städte schnell zusammengeführt. „Für mich eine wahre Freude.“

In ihren Ansprachen vor der Unterzeichnung blickten Bürgermeister Melki sowie der stellvertretende Bürgermeister Zejer auf die Entstehung der Freundschaft und die erste Begegnung zurück, als Xavier Melki und sein Team im Rahmen des Hilfsprojekts Mława besuchten, sich vor Ort ein Bild von der Situation machten und sich mit ukrainischen Geflüchteten austauschten. Melki erzählte von den beiden Übersetzerinnen, denen die Tränen über das Gesicht liefen, während sie die Geschichten der Flüchtlinge übersetzten. Aber auch von zwei jungen Mädchen: Zarina, sieben Jahre alt, die täglich ihr Haus zeichnete, das von den Bombenangriffen zerstört wurde und das Bild Xavier Melki reichte. Oder eine 19-jährige Frau, die mit ihren beiden jüngeren Geschwistern zwischen Bombenangriffen, Sirenen, Hunger und Kälte nach Mława flüchtete und ihre Eltern in der Ukraine zurückließ. „Unser Blick auf die Welt ändert sich nach solchen Begegnungen und unser Wille, unsere Partnerschaft zu vertiefen, wurde dadurch gestärkt“, so der französische Bürgermeister. „Die Freunde meiner Freunde sind meine Freunde“, zitiert Melki ein in Frankreich gängiges Sprichwort. Auf dieser Basis sei das heutige Treffen mit allen Partnerstädten ein Beispiel für das Europa des Friedens, so wie es die Gründerväter beabsichtigten.

Szymon Zejer beschrieb die bevorstehende Unterzeichnung als „einzigartiges Geschehen“, mit der Geschichte geschrieben würde. Das Besondere dabei sei die Unterzeichnung in Viernheim, der Stadt, die beide Partner zusammengeführt habe. „Und dies unter außergewöhnlichen – schwierigen und zugleich schönen – Umständen, denn es ist verbunden mit humanitärer Hilfe für unsere Freunde in der vom Krieg zerrissenen Ukraine“, so Zejer.

Im Anschluss besiegelten beide Vertreter im Beisein von Bürgermeister Baaß und unter großem Beifall des Publikums am geschichtsträchtigen Standesamtstisch der Stadt Viernheim ihre neue Partnerschaft, die auf einem gegenseitigen Austausch im Bereich Tourismus, Sport, Bildung, Kultur und Verbindungen basieren wird. Mit den Worten „They have married – Sie haben geheiratet“ verkündet Baaß die neue Städtepartnerschaft, mit der die Stadt Viernheim sich nun in einer Dreier-Städtepartnerschaft befindet.

Zum Abschluss bedankte sich das Viernheimer Stadtoberhaupt bei allen Partnerstädten, Gästen und den beteiligten Akteuren für die wunderschöne Partnerschaftsfeier. Ein besonderer Dank galt dem Kultur- und Sportamtsleiter Stephan Schneider samt Team für die akribische Vorbereitung des Festwochenendes. Auch wenn die Veranstaltung jetzt zu Ende sei, „die Städtepartnerschaft und Freundschaft in Europa und Afrika geht weiter“, so die Schlussworte von Bürgermeister Matthias Baaß.